Dramatischer Anstieg bei Zivilisationskrankheiten

IKK Südwest präsentiert neuartiges Konzept zur Zuckerreduktion

Die alarmierenden Zahlen widerspiegeln einen dramatischen Befund: Rund 8,5 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Diabetes Typ 2, fast 16 Prozent der Bevölkerung sind von Adipositas betroffen. Die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklung sind dramatisch. Allein die jährlichen Kosten für Diabetes und seine Folgeerkrankungen belaufen sich auf etwa 48 Milliarden Euro, die Behandlung von Adipositas schlägt mit weiteren 30 Milliarden Euro zu Buche. Vor diesem Hintergrund stellt die IKK Südwest ein neues Konzept zur Bekämpfung einer der Hauptursachen dieser Entwicklung vor: den Zuckerzertifikatehandel.

„Die Zahlen sind erschreckend und zeigen deutlich, dass der übermäßige Zuckerkonsum zu einem der größten Gesundheitsrisiken unserer Zeit geworden ist“, der Chef der IKK Südwest, Professor Dr. Jörg Loth und ergänzt: „Die bisherigen Ansätze zur Reduzierung des Zuckerkonsums, wie etwa freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie oder Aufklärungskampagnen, haben nicht die erhoffte Wirkung erzielt. Mit dem Zuckerzertifikatehandel präsentieren wir nun ein innovatives, marktwirtschaftliches Instrument, das echte Veränderungen bewirken kann.“

Das Konzept des Zuckerzertifikatehandels orientiert sich am Modell des CO2-Emissionshandels und setzt dort an, wo die größte Hebelwirkung zu erwarten ist: bei den Herstellern. Eine unabhängige Regulierungsbehörde legt dabei wissenschaftlich fundierte Obergrenzen für den zulässigen industriell erzeugten Zuckergehalt in verarbeiteten Lebensmitteln fest. Industrielle Hersteller, die diese Grenzen überschreiten, müssen Zertifikate erwerben, während Hersteller mit zuckerärmeren Produkten diese Zertifikate gewinnbringend verkaufen können.

Wirtschaftliche Anreize für die Industrie

„Dieser Mechanismus schafft erstmals echte wirtschaftliche Anreize für die Lebensmittelindustrie, den Zuckergehalt ihrer Produkte systematisch zu reduzieren“, erläutert Prof. Dr. Loth. „Dabei ist besonders wichtig: Die Unternehmen erhalten die notwendige Flexibilität, um ihre Rezepturen anzupassen und innovative, gesündere Produkte zu entwickeln. Gleichzeitig wird verhindert, dass Zucker einfach durch bedenkliche Ersatzstoffe ausgetauscht wird.“

Ein weiterer entscheidender Vorteil des Systems liegt in seiner Finanzierungswirkung: Die Einnahmen aus dem Zertifikatehandel können gezielt in Präventionsmaßnahmen, Gesundheitsversorgung und Forschung investiert werden. „Wir schaffen damit einen sich selbst verstärkenden positiven Kreislauf“, so Prof. Dr. Loth und ergänzt. „Die Mittel aus dem Zertifikatehandel fließen direkt in Programme zur Gesundheitsförderung, insbesondere für Kinder und Jugendliche, sowie in die Entwicklung gesünderer Lebensmittel.“

Die volkswirtschaftlichen Potenziale des Konzepts sind beachtlich. Neben den direkten Einsparungen im Gesundheitssystem durch die Reduktion zuckerbedingter Erkrankungen werden auch indirekte Kosten wie Arbeitsausfälle und Produktivitätsverluste minimiert. „Wir sprechen hier von einem Einsparpotenzial in Milliardenhöhe. Gleichzeitig stärken wir die Innovationskraft der deutschen Lebensmittelindustrie und schaffen Wettbewerbsvorteile für Unternehmen, die auf gesündere Produkte setzen“, argumentiert der Vorstand der IKK-Südwest weiter.

Gesundheitskompetenz als Schlüssel zum Erfolg

Die praktische Umsetzung des Systems soll schrittweise erfolgen, beginnend mit einer Pilotphase in ausgewählten Produktkategorien. Besonderes Augenmerk liegt dabei zunächst auf industriell hergestellten Lebensmitteln, die überwiegend von Kindern und Jugendlichen konsumiert werden. „Der Zuckerzertifikatehandel ist ein wichtiger Hebel, um die Industrie in die Verantwortung zu nehmen. Allerdings ist er nicht als isolierte Maßnahme, sondern als Teil einer umfassenden Präventionsstrategie zusehen. Er muss eingebettet sein in ein Gesamtkonzept, das auch Aufklärung, Ernährungsbildung und weitere gesundheitsfördernde Maßnahmen umfasst. Wir müssen die Menschen befähigen, selbstbestimmte und gesunde Entscheidungen in ihrer Ernährung zu treffen.” Die IKK Südwest setzt sich daher für eine umfassende Stärkung der Gesundheitskompetenz ein, die bereits im Kindesalter beginnt. „Wir brauchen eine gesellschaftliche Bewegung hin zu einem gesünderen Lebensstil. Dies bedeutet, dass wir verstärkt in Bildungsprogramme investieren müssen, die Menschen aller Altersgruppen erreichen. Vom Kindergarten über die Schule bis hin zum Arbeitsplatz – überall dort, wo Menschen zusammenkommen, müssen wir die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung vermitteln und praktische Handlungskompetenzen stärken“, betont Prof. Dr. Loth abschließend die zentrale Bedeutung der Gesundheits- und Ernährungskompetenz.