IKK Südwest begrüßt Reform der Notfallversorgung
Stärkere Einbindung der niedergelassenen Ärzte wichtig
Die IKK Südwest begrüßt die aktuellen Vorschläge zur Reform der Notfallversorgung der Regierungskommission, fordert aber eine stärkere Einbindung der ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte. Die Reform ist dringend notwendig und könnte aus Sicht der IKK Südwest in einer Pilotregion getestet werden. Wichtige Finanzierungsfragen müssten dabei zeitnah im Sinne der Beitragszahler geklärt werden.
„Der oftmals vorherrschende Wunsch der Hilfesuchenden auf eine 24/7 Behandlungsmöglichkeit, begleitet von häufig sehr langen Wartezeiten im ambulanten Bereich und die daraus resultierende Fehlinanspruchnahme der Notaufnahmen machen die bislang immer wieder verschobene Reform der Notfallversorgung längst überfällig“, so Prof. Dr. Jörg Loth, Vorstand der IKK Südwest.
„In Analysen im Nachgang stellt sich sehr oft heraus, dass Notaufnahmen nicht hätten in Anspruch genommen werden müssen. Diese begrenzten Kapazitäten stehen dann denjenigen Menschen, die sie dringend benötigen, nicht zur Verfügung. Die dadurch bedingte, oft fehlgeleitete Inanspruchnahme der Notaufnahmen und der Rettungskette sei ein wichtiger Punkt, der angegangen werden müsse: „Das derzeitige System birgt zu viele Fehlanreize, die sowohl zu einer Über- als auch Unterversorgung von Patientinnen und Patienten führen können.“ Das bedeutet beispielsweise, dass Menschen in Notfallaufnahmen behandelt werden, obwohl dies aus medizinischer Sicht nicht notwendig ist.
Reform geht in die richtige Richtung
„Grundsätzlich enthält das Reformpapier sinnvolle Ansätze, um diese Fehlanreize im Sinne der Patientinnen und Patienten zu beseitigen“, sagt Loth.
Konkret bedeutet dies: mit der Schaffung von Integrierten Leitstellen (ILS) und der damit verbundenen Gatekeeperfunktion können Patientinnen und Patienten zielgerichtet der für sie am besten geeigneten Notfallstruktur zugewiesen werden. Die Einbindung neuer digitaler Kommunikationsmöglichkeiten, wie telemedizinische Videocalls, können dabei eine wichtige zusätzliche Verbesserung für eine zielgerichtete Versorgung darstellen.
Mit Blick auf die Erfahrungen in der pädiatrischen Versorgung in den vergangenen Monaten, die, so Loth, „katastrophale strukturelle Defizite in der Versorgung“ aufgezeigt habe, begrüßt die IKK Südwest zudem ausdrücklich den Aufbau integrierter Notfallzentren für Kinder und Jugendliche (KINZ) an Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin sowie Krankenhäusern mit einer pädiatrischen Abteilung.
Gemeinsame Koordination der Versorgung entscheidend
„Eine vernetzte Versorgung zwischen stationärem und ambulantem Sektor ist die beste Option, trotz der finanziellen und personellen Ressourcenknappheit, auch in Zukunft noch eine bedarfsgerechte Versorgung sicherstellen zu können“, erklärt Loth. Dies baue ineffiziente Doppelstrukturen ab und entlaste Arzt und Patient.
„Wir teilen daher die Kritik verschiedener Ärzteverbände: dadurch, dass ein Großteil der Notfallversorgung in den Praxen der niedergelassenen Ärzte stattfindet, ist eine stärkere Einbindung der niedergelassenen Ärzte in die weitere Konkretisierung der Reform auch aus unserer Sicht zwingend erforderlich,“ so Loth. Denn gerade dann, wenn Notfallambulanzen im Ernstfall auszufallen drohen, seien es die Arztpraxen in der Region, die das Notfallsystem am Laufen hielten, ergänzt Loth.
Zu den weiteren Reformüberlegungen ist es demnach aus Sicht der IKK Südwest notwendig, dass die bislang sektoral getrennte Notfallversorgung (KV/Krankenhaus/Notfallrettung) zukünftig in Zuständigkeiten, Planung, Kommunikation und Strukturen besser aufeinander abgestimmt ist. Dies betrifft zum Beispiel Öffnungszeiten, Erreichbarkeit und Personalvorhaltungen sowie eine gemeinsame IT Struktur.
Testregion für Integrierte Notfallzentren
Die lntegrierten Notfallzentren sollten nach Meinung der IKK Südwest allerdings im Sinne einer eigenständigen Organisationseinheit aufgebaut werden, um die bisher stark fragmentierte, sektorale Trennung aufzulösen. Dabei sollte auch sichergestellt werden, dass die Ansteuerung der erforderlichen Versorgungsebenen nur nach medizinischen Kriterien erfolgt und ökonomische Kriterien ausgeschlossen werden. Die an den Krankenhäusern der Level II bzw. III – gemäß dritter Empfehlung der Regierungskommission – zu installierenden integrierte Notfallzentren (INZ) sollten künftig so ausschließlich von Hilfesuchenden genutzt werden, die die komplexen Strukturen einer Krankenhaus-Notaufnahme benötigen.
Bei entsprechenden Modellen, sei es, so Loth, zunächst auch denkbar, diese in Pilotregionen zu testen. Eine finanzielle Förderung des Bundes zum Strukturaufbau sei dazu allerdings unabdingbar, ergänzt er.
„Grundsätzlich müssen alle Finanzierungsfragen dieser Reform schnell geklärt werden. Die Notfallreform darf nicht dazu führen, dass diejenigen weiter belastet werden, die unser Gesundheitssystem mit ihren Beiträgen, sprich die Versicherten und Arbeitgeber, am Laufen halten und derzeit in allen Lebensbereichen über Gebühr finanziell belastet werden. Hier muss die Bundesregierung Antworten finden.“
Die IKK Südwest bedauert, dass der Bereich der Notfallrettung (Rettungsdienst) und anderen für das System essenziellen „mobilen Diensten“, wie etwa die wohnortnaher pflegerische Notfallversorgung, erst zu einem späteren Zeitpunkt in die Betrachtung der Reform der Notfallversorgung mit einbezogen werden soll.