IKK Südwest für Mutterschutz bei Fehlgeburt

Aktuelle Gesetzeslage fördert Ungleichbehandlung 

Nach einer Fehlgeburt haben Frauen keinen Anspruch auf Mutterschutz. Die IKK Südwest spricht sich für eine Ausweitung der aktuellen Gesetzeslage aus und unterstützt die Petition im Bundestag nach einer Staffelung des Mutterschutzes für betroffene Frauen. Eine Analyse der IKK Südwest unter ihren Versicherten in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland unterstreicht unterdessen die Notwendigkeit einer solchen Ausweitung.

Auf jede 20. Geburt im Krankenhaus kommt durchschnittlich eine Fehlgeburt – das zeigt eine Analyse der IKK Südwest unter ihren Versicherten in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland.

Prof. Dr. Jörg Loth, Vorstand der IKK Südwest: „Die aktuelle Rechtslage berücksichtigt bei weitem nicht ausreichend die Situation der Eltern und insbesondere der Mutter nach dem tragischen Ereignis einer Fehlgeburt. Bei einem so sensiblen Ereignis im Leben einer Frau und ihrer Familie darf weder eine starre Gramm- noch eine Wochenzahl über die Anerkennung des Mutterschutzes bestimmen und damit festlegen, wer sich als Mutter fühlen darf und wer nicht.“ 

Darüber hinaus hängt der Anspruch auf Mutterschutz mit der harten Grenzziehung oft auch vom Zufall, also vom Zeitpunkt des Arztbesuches, ab. Denn: Wer zum Beispiel bis zum Ende der 23. Woche der Schwangerschaft eine Fehlgeburt erleidet, hat keinen Anspruch, eine schwangere Frau, die dieselbe Diagnose nur einen Tag später, zu Beginn der 24. Schwangerschaftswoche, erhält, hat Anspruch auf 18 Wochen Mutterschutz.  

IKK-Analyse zeigt: ein Großteil fällt durchs Raster

„Viele Kinder werden bei einer nach der Rechtslage definierten Fehlgeburt normal entbunden. Mütter durchleben demnach auch die körperlichen und psychischen Strapazen der Geburt. Daher sehe ich es als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, ihnen die Möglichkeit auf eine Schutzfrist einzuräumen, um sich körperlich und psychisch zu schonen. Nach der aktuellen Rechtslage fallen diese Frauen aber durchs Raster.“ Genau diese Schonung nach einer Geburt, so Loth, solle der Mutterschutz eigentlich im Sinne des Gesetzgebers abdecken. 

Eine Analyse der IKK Südwest zeigt, dass viele der sogenannten Sternenkinder, also Kinder, die vor oder während der Geburt versterben, bereits zeitlich vor der definierten Frist der 24. Schwangerschaftswoche im Krankenhaus entbunden werden – und zwar in mehr als der Hälfte der Fälle. „Die harte Grenzziehung führt dazu, dass Mütter am Folgetag nach einem solch oft traumatischen Erlebnis wieder arbeiten müssen. Schützen kann sich eine Frau oft nur durch die Kontaktierung von Ärzten mit dem Ziel einer Krankschreibung. Das ist aus meiner Sicht weder körperlich noch psychisch zu verantworten. Auch hier hat der Gesetzgeber die Pflicht, betroffene Frauen besser gesundheitlich auch vor langfristigen Folgen zu schützen.“ 

Gestaffelter Mutterschutz mit mehr Selbstbestimmung 

Die IKK Südwest spricht sich dafür aus, dass der Mutterschutz früher einsetzt als bisher.

Dabei unterstützt die regionale Krankenkasse die Petition nach der Einführung eines gestaffelten Mutterschutzes im Bundestag vom 15.07.2022. Loth führt hierzu aus: „Frauen sollten in die Lage versetzt werden, individuell und selbstbestimmt in einer solchen Ausnahmesituation zu entscheiden. Das sollte ein gestaffelter Mutterschutz aus unserer Sicht unbedingt leisten. Auch sollte es die frei wählbare Option einer früheren Rückkehr in den Beruf geben. All dies natürlich in Absprache mit dem Arbeitgeber.“  

Beratung für Betroffene ausgeweitet

Darüber hinaus hat die regionale Krankenkasse ihr Beratungsangebot ausgeweitet und berät Familien und Sternenmütter kostenlos, wenn es um Fragen zu Leistungen, Ansprüchen und um Mutterschutz geht. So können die Berater am Telefon Ansprechpartner in Akutsituationen vermitteln, Fragen zum Mutterschutz, zu weiteren Ansprüchen sowie zu Angeboten der Selbsthilfe beantworten. Expertin ist Julia Steinhauer, Mitarbeiterin der IKK Südwest und selbst Sternenmutter. Sie kann einfühlsam auf Betroffene eingehen und nützliche Tipps geben und schnell spezielle Versorgung vermitteln. Sie ist unter 06 81/38 76-1807 erreichbar.  

Hintergrund: 

Um eine Totgeburt handelt es sich, wenn 

  • das Gewicht des Kindes mindestens 500 Gramm beträgt oder
  • die 24. Schwangerschaftswoche erreicht wurde.

Liegt keines dieser Merkmale vor, handelt es sich um eine Fehlgeburt. 

Eine Fehlgeburt ist allerdings abweichend hiervon als Totgeburt zu beurkunden, wenn sie Teil einer Mehrlingsgeburt ist, bei der mindestens ein Kind

  • lebend geboren wird oder
  • mehr als 500 Gramm wiegt oder
  • die 24. Schwangerschaftswoche erreicht. 

Bei einer Totgeburt handelt es sich rechtlich um eine Entbindung, so dass auch alle Ansprüche nach dem Mutterschutzgesetz sowie dem SGB V (insb. Mutterschaftsgeld nach § 24i SGB V) bestehen.

Im Fall einer Fehlgeburt bestehen diese Ansprüche nicht.

Entgegen der grundsätzlichen Verpflichtung, die Schutzfrist nach der Geburt in voller Länge zu beanspruchen, können Frauen von totgeborenen Kindern bereits nach Ablauf der ersten zwei Wochen nach der Entbindung wieder arbeiten gehen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Frau dies ausdrücklich wünscht und nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegenspricht. Diesen Wunsch kann die Frau jederzeit widerrufen.