FAKTENCHECK: Was ist dran an…? …den Diabetes Mythen

Ein Mann im mittleren Alter im Arztkittel und kurzen Haaren steht vor einem Gebäude und lächelt.

mit Dr. med. Johannes Masseli, Facharzt für Innere Medizin, Intensivmedizin, Notfallmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt

1. Es gibt einen schweren und einen leichten Diabetes.

Generell unterscheiden wir den seltenen (ca. 5%) Typ 1 Diabetes vom häufigen Typ 2 Diabetes (>90% aller Diabetiker).
Der Typ 1 Diabetes ist eine Autoimmunkrankheit, bei der die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstört werden. Die Behandlung erfordert eine lebenslange Insulintherapie in Form von Spritzen. Bei dem viel häufigeren Typ 2 Diabetes ist in der Regel über viele Jahre noch genug Insulinproduktion vorhanden, es wirkt aber schlechter, so dass der Körper viel mehr Insulin benötigt um den Blutzucker normal zu halten als bei Gesunden. Wir nennen das Insulinresistenz. Der Diabetes mellitus Typ 2 kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein – manche Patienten können durch strikte Lebensstilmodifikation (gesunde Ernährung, Sport) ohne Medikamente auskommen, andere benötigen Tabletten. In fortgeschrittenen Stadien lässt auch hier die Insulinproduktion nach, so dass einige Patienten mit Typ 2 Diabetes auch Insulin spritzen müssen.

2. Wer zu viel Zucker isst, bekommt automatisch Diabetes.

Das stimmt nicht ganz. Es gibt viele Menschen, die viel Süßes essen können ohne einen Diabetes zu entwickeln (auch wenn das trotzdem nicht gesund ist). Allerdings stimmt es schon, dass der Diabetes mellitus Typ 2 mit Übergewicht assoziiert ist. Das heißt, mit zunehmendem Körpergewicht (z.B. durch eine zu kalorienhaltige Ernährung und durch Bewegungsarmut) steigt das Risiko, einen Diabetes zu entwickeln.

3. Zu viele Kilos bedeuten ein höheres Risiko an Diabetes zu erkranken.

Ja, denn bei Übergewicht – insbesondere bei bauchbetontem starkem Übergewicht – steigt die Insulinresistenz, das bedeutet die blutzuckersenkende Wirkung von Insulin lässt nach und der Körper benötigt mehr Insulin, damit der Zucker normal bleibt. Folglich steigt bei Adipositas das Risiko für Typ 2 Diabetes.

4. Nur alte Menschen sind von Diabetes betroffen.

Nein, tatsächlich gibt es auch immer mehr junge Menschen, die an Adipositas und Diabetes Typ 2 erkranken, teilweise sogar schon im Kindesalter. Dennoch sind mehr Ältere Patienten vom Diabetes betroffen. Der autoimmunbedingte Typ 1 Diabetes manifestiert sich überwiegend im Kindes- und jungen Erwachsenenalter.

5. Als Diabetiker sollte man keinen Sport treiben.

Im Gegenteil: Sport senkt die Insulinresistenz und ist Teil der Basistherapie von Patienten mit Typ 2 Diabetes. Auch Patienten, die eine Insulintherapie benötigen sollen Sport machen, müssen dann aber ggf. weniger Insulin spritzen. Diese Patienten sollten das am besten mit ihrem/ihrer Diabetologen/-in besprechen. Generell gilt: je weniger Insulin benötigt wird, um den Blutzucker normal zu halten, desto besser.

6. Wenn man einmal an Diabetes erkrankt ist, hat man ihn ein Leben lang.

Nein, gerade im Anfangsstadium eines Diabetes bei Übergewichtigen kann man ihn häufig mit richtiger Ernährung und Bewegung und Gewichtsnormalisierung wieder in den Griff bekommen. Allerdings haben diese Patienten lebenslang eine Neigung zum Diabetes, so dass alle Lebensstilmodifikationen dauerhaft erfolgen müssen, um langfristig erfolgreich zu sein. Deswegen machen Crash-Diäten keinen Sinn und wir sprechen von Lebensstil-Änderungen, da wirklich die bisherigen Essens- und Bewegungsgewohnheiten nachhaltig und dauerhaft optimiert werden sollten. Einige Patienten benötigen trotzdem lebenslang Medikamente, können aber durch gute Ernährung und Sport den Krankheitsverlauf dennoch maßgeblich positiv beeinflussen.